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Wer bin ich? und wenn ja: Wieviele?

Wer bin ich? und wenn ja: Wieviele?

Janina Jörgens

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Eine späte Autismusdiagnose kann das ganze bisherige Leben, ja die komplette eigene Identität in Frage stellen. Hört hier einige Gedanken dazu.

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The podcast episode discusses the identity crisis experienced by late-diagnosed individuals with autism. They question who they are and how their autism fits into their identity. Late-diagnosed individuals often feel different from childhood and struggle to fit in. The diagnosis provides validation but also raises questions about their past and future. Self-help groups, coaching, and social media offer support for those going through this process. It takes time to rebuild and rediscover oneself. The new diagnosis is a puzzle piece that can be integrated into their lives, revealing a complete picture. Despite the challenges, there is an opportunity for growth and self-discovery. The Chinese character for crisis combines danger and opportunity, reminding individuals to be patient and kind to themselves. Hallo und herzlich Willkommen hier zum Podcast von Authentisch Autistisch, die Folge heute – Wer bin ich und wenn ja, wie viele? Gerade spätdiagnostizierten Autisten und Autistinnen gehen solche und ähnliche Fragen immer und immer wieder durch den Kopf. Was an mir bin ich? Was an mir ist Maske? Was ist mein Charakter? Und was ist mein Autismus? Und, und, und – bin ich in erster Linie Autist oder Frau oder Bäcker, Frühaufsteher, Fußballhasser, Tierfreund? Es ist absolut nachvollziehbar, wenn die eigene Identität infrage gestellt wird. Schließlich haben die meisten Menschen, die erst im Erwachsenenalter eine Diagnose bekommen, bereits seit Kindheit erfahren müssen, in irgendeiner Form anders zu sein. Das muss einem auch niemand so explizit sagen. Das bekommt man sowieso mit. Du stellst Dich aber auch immer an. Meine Güte, jedes Kind mag nudeln. Du bist doch so ein echter kleiner Klugscheißer, was? Also er passt irgendwie nicht ins Team, vielleicht sollten Sie ihn woanders anmelden. Wenn Dein Kopf nicht angewachsen wäre, würdest Du ihn auch noch irgendwo vergessen. Hast Du gute Laune? Sag das mal Deinem Gesicht. Mann, Du musst doch nicht immer alles so wörtlich nehmen. Und dennoch hat sich die Person irgendwie durchs Leben gekämpft, hat sich mehr oder weniger viele und tiefe Schrammen und Narben zugezogen, bei dem Versuch, dem Tempo und der Intensität von »man tut und man macht« bestmöglich standzuhalten. Und dennoch war es gefühlt oft nicht genug. Und dennoch blieben Bekanntschaften vielleicht nur oberflächlich, wurden viele Anstellungen gekündigt. Dennoch fühlte man sich nie so richtig angekommen, bedingungslos verstanden. Und nun gibt es eine Diagnose. Es gibt eine Schublade, in die man hineinpassen würde, aber will ich da rein? Was bedeutet das? Nun bin ich plötzlich autistisch, behindert, hab Anrecht auf einen Schwerbehindertenausweis, auf Therapien, auf Nachteilsausgleich. Brauche ich Hilfe? Jetzt noch? All diese Fragen und noch viele, viele mehr drängen plötzlich nach vorn, wollen gesehen, gefühlt und wenn möglich beantwortet werden. Warum kommt die Diagnose erst jetzt? Was wäre gewesen, wenn ich die Diagnose schon früher bekommen hätte? Wer wäre ich geworden, wenn ich die Diagnose schon früher bekommen hätte? Was wäre mir erspart geblieben? Was hätte ich aber vielleicht auch verpasst? So viele Fragen und oftmals keine Aussicht auf Antworten. Glücklicherweise gibt es immer mehr Angebote wie Selbsthilfegruppen, spezialisierte Coachings und Beratungen oder auch Austausch auf Social Media. Ich kann euch nur auffordern, euch alle Fragen zu stellen und nach Antworten zu suchen, die euch wichtig sind. Habt keine Angst, ihr seid nicht die erste Person, die sich diese Fragen stellt und auch nicht die letzte. So viele Menschen stehen nach einer späten Diagnose gefühlt erstmal vor dem Nichts und müssen sich wieder ganz neu kennenlernen. Nehmt euch dafür die Zeit, die ihr benötigt. Das sind echte Lebensfragen, die kann man nicht mal eben beim Tee in einer halben Stunde ergoogeln und abhaken. Manchmal fühlt es sich an, als wenn ihr nach einem Erdbeben erstmal alle Trümmer sichten und auf Tauglichkeit prüfen müsst. Manchmal ist es so, als wenn ihr aus Scherben ein Mosaik zusammensetzt, ein sehr individuelles, aber vielleicht auch sehr schönes. Und manchmal fühlt es sich an, als wenn ihr nach einem langen Tag in unbequemen Schuhen endlich in eure weichen Lieblingshausschuhe schlüpft, erstmal ungewohnt, aber kuschelig. Ihr habt nun ein neues Puzzleteil, welches ihr integrieren könnt. Vielleicht fehlte es nur ganz außen am Rand, vielleicht ist es aber auch ein lang ersehntes Teil aus der Mitte des Hauptmotives, und endlich könnt ihr das gesamte Bild erkennen. Es ist da ein Leben, mit all seinen Facetten. Und nicht vergessen, das chinesische Schriftzeichen für Krise setzt sich aus zwei Zeichen zusammen Gefahr und Gelegenheit. Wenn ihr euch also nach einer späten Diagnose erstmal ordentlich durchgeschüttelt fühlt, seid lieb zu und geduldig mit euch. Vielleicht erkennt ihr nach und nach aber auch eure Möglichkeiten, die sich durch die gewonnenen Erkenntnisse erst ergeben. Bleibt neugierig. Und bis zum nächsten Mal. Tschüss!

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