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Stefan Augenhöhe

Stefan Augenhöhe

Anne-Kathrin May

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00:00-31:46

Augenhöhe ist als Haltung in Beratung und Therapie weit verbreitet. Aber was bedeutet es, auf Augenhöhe mit Klient:innen zu sein? Mit Stefan Buschmann bin ich im Gespräch über unterschiedliche Perspektiven auf Augenhöhe und was das Konzept mit Macht zu tun hat.

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Transcription

Anne-Kathrin May and Stefan Buschmann discuss the concept of "Augenhöhe" (eye level) in systemic work. They explore the idea of treating clients and participants as equals, allowing them to make decisions and have agency in their own lives. They acknowledge the power dynamics that exist in certain contexts, such as forced interventions, and emphasize the importance of transparency and creating spaces where clients feel empowered. They also discuss the physical layout of counseling rooms and how it can influence power dynamics. They conclude that achieving true "Augenhöhe" is a continuous process and requires self-reflection and awareness of power dynamics. Selten wird gefragt. Mein Name ist Anne-Kathrin May und das ist der Podcast von Querencia. Institut für Systemische Weiterbildung Dresden. Bei mir sitzt heute wieder Stefan Buschmann. Herzlich willkommen. Ja, hallo. Und wir würden uns heute mal darüber unterhalten, was wir unter Augenhöhe in der systemischen Arbeit verstehen. Wir haben neulich festgestellt, dass das so ein Modewort ist, wo man nicht so ganz genau weiß, was versteht man eigentlich dahinter. Also Augenhöhe, das wird so schnell gesagt, das hat sich zu etwas Normalem entwickelt. Aber was bedeutet eigentlich Augenhöhe zu haben mit Klienten oder mit Teilnehmenden? Das stimmt. Ich kenne niemanden, der von sich selbst absprechen würde, nicht auf Augenhöhe zu arbeiten oder das in der eigenen Internetpräsenz oder ich weiß nicht, sich drauf zu schreiben oder in den Konzeptionen. Aber es ist so ein großes Schlagwort, wo so die Frage ist, was ist das? Was verstehst du denn unter Augenhöhe? Es geht ja schon los bei der Auftragsklärung letztlich und bei der Transparenz darin. Ich denke, das ist für mich in der systemischen Beratung so ein Beispielaspekt, wo Augenhöhe für mich total reinkommt. Wo die beratende Person nicht erklärt, das ist das Thema und das sehe ich jetzt und so arbeiten wir jetzt da dran, weil ich meine, das würde dir vielleicht helfen, daran zu arbeiten. Sondern die Person, die kommt, den Auftrag gibt und wir dann gemeinsam schauen, okay, wie wird das umsetzbar, passt das zu dem, was ich anbieten kann oder nicht oder so. Aber die Person selbst ist eigene Frau und Herr des eigenen Lebens und entscheidet, wo es hingeht und was da gemacht wird. Und ich kann dann transparent machen, okay, das und das kann ich anbieten oder das und das kann ein Weg sein oder nicht. Bei mir hängt vor allem bei dem Thema Augenhöhe auch noch mit drin, dass wir ja trotzdem in einer Machtstruktur sind. Das heißt, ich habe hier mein Büro, meine Praxis oder es gibt eine Beratungsstelle oder es gibt jemanden wie du zum Beispiel. Du wurdest vom Jugendamt in eine Familie entsandt und das heißt ganz klar, da gibt es jemanden, der hat zu einem bestimmten Aspekt des Lebens ein ganz bestimmtes Wissen. Und es wird als notwendig erachtet, dieses Wissen an den Menschen zu bringen oder irgendwie anders in das Leben von Menschen einzugreifen. Das ist ja im Zwangskontext so, da wird ja ins Leben eingegriffen. Und trotzdem wird häufig von Augenhöhe gesprochen. Das klingt schon wie ein Widerspruch. Ja, ist es auch. Ich habe auch vor einigen Jahren mal in der Forensik im forensischen Bereich mit Menschen mit psychischer Erkrankung gearbeitet und da eben im Zwangskontakt. Da ist man auch die ganze Zeit in dieser Ambivalenz, zumindest kenne ich das bei mir so. Und ich glaube, was hilft, ist diese Ambivalenz aufzumachen und aber trotzdem eben wieder zur Transparenz zu kommen, um uns zum Beispiel dann zu einigen, okay, in welchem Setting kommen wir denn hier zusammen, warum bin ich denn da und warum nicht. Was muss denn passieren, dass sie mich wieder loswerden? Also da einfach wirklich die Transparenz wieder aufzumachen und nicht das Machtverhältnis zu verschweigen oder zu negieren oder so zu tun, es wird es nicht geben, sondern das ganz im Gegenteil eher bewusst ansprechen, also das, was mir dazu einfällt. Ich weiß nicht, wie es dir da geht. Ja, und ich habe gerade noch so die Idee, naja, auch in dem Zwangskontext haben die Menschen ja letztendlich die Möglichkeit, ein Angebot nicht zu nutzen. Das heißt, du sitzt dann da, die werden zu dir gebracht, ich stelle mir das gerade so vor, in der Forensik könnte ich mir vorstellen, dass du eher weniger in die Zelle gehst, sondern dass es dann eher so ist, dass dann die Menschen dich aufsuchen und okay, die kommen dann, das ist erzwungen, aber was sie dann machen, das ist ja dann ihre Freiheit. Ja, da kann ich total gut mit, was du sagst, dass das so ja auch wieder eine grundlegende Haltungsfrage ist, weil ich schon auch davon überzeugt bin, dass eben jeder Menschen freien Wille hat in diesen Situationen, wo die Menschen sind in den Lebenslagen und sich entscheiden können und das ist auch dann letztlich wieder Ziel von der Beratung zu schauen, okay, wo sind denn die eigenen Handlungsmöglichkeiten, wie können wir noch mehr Handlungsmöglichkeiten vielleicht sogar daraus machen, Handlungsmöglichkeiten erweitern und Personen zu einer Handlungsfähigkeit, die ja irgendwo im Lebensverlauf ist und schon war und die Ressourcen sind ja da in den individuellen Lebensprozessen, die ja auch wieder aufzufinden und da eben wieder transparent zu machen und zugreifbar und nützlich zu machen. Also es ist eigentlich nicht möglich, direkt über Augenhöhe zu sprechen. Das ist eigentlich eine Metapher für die Art und Weise, wie man miteinander umgeht, ob der andere Mensch selbst im Zwangskontext noch in der Lage gesehen wird, Gestaltungsspielräume zu haben und wie ihm die zugestanden werden. Ja, denke ich auch. Es ist einfach eine Haltungsfrage, wie man dann selber echt drinnen sitzt und wie man sich selber letztlich dann auch mit dem, wie man umgeht in Beziehungen und das ist es ja, in der Welt verorten will. Also es ist eine Entscheidungsfrage, denke ich, oder? Augenhöhe auch. So will ich das. Ja, und es ist aber letztendlich nur etwas, was der herstellen kann, der in der Machtstruktur, sag's jetzt mal platt, oben ist. Also die Augenhöhe kann nicht von jemandem kommen, der sich selber in diesem Kontext unten verorten würde. Ja, also er kann sie nicht wirklich herstellen von sich aus. Nee, es ist eine Machtfrage. Die muss angeboten werden. Man muss freiwillig auf einen Teil seiner Macht verzichten wollen. Ja, wüsste ich jetzt auch gar nichts, was dem widersprechen würde. Kann ich total gut mitgehen. Ja, auf jeden Fall. Es ist ja die Frage dann, wie schaffen wir in der Arbeit, in der Beratung und in der täglichen Praxis Möglichkeiten, wo das gelingt und wie es auch rüberkommt, dass es gelingt. Das ist die Frage. Wie merken ClientInnen, dass man das tut? Oder wie haben sie vielleicht auch Rückmeldemöglichkeiten, wenn sie merken, nee, das ist hier nicht stimmig, das ist hier nicht auf Augenhöhe. Mir wird hier irgendwas vorgegaukelt von Augenhöhe und so. Aber ich habe gar nicht den Eindruck, dass es so ist, weil zum Beispiel ich den Eindruck habe, ich habe gar keine Wahlmöglichkeiten. Wo gibt es da wieder Räume, wo das wieder hinkann? Und es hängt auch manchmal davon ab, wie Beratungsräume strukturell gestaltet werden. Ich habe zum Beispiel gerade einen Beratungsraum vor Augen, wo derjenige, der berät, prinzipiell in einem Sessel sitzt und dann ist ein Tisch davor und die Beratenden oder die Menschen, die da als Klienten kommen, die setzen sich dann vor diesen Tisch auf Stühle. Das ist ja etwas, was ich schon erlebt habe. Also wo man auch visuell erleben kann, wie die Machtstruktur über Kontext oder über die Raumgestaltung geregelt werden kann. Und ich frage mich, inwieweit kann es dann noch im Gespräch gelingen, Menschen wirklich etwas authentisch von Augenhöhe zu vermitteln. Hätte ich jetzt keine Idee. Ich glaube, es wird sehr schwierig in so einem Moment. Es wäre auch nochmal spannend, wirklich mit dem Blick durch einen eigenen Praxisraum immer wieder zu gehen. Ist das hier auf Augenhöhe? Was vermittel ich eigentlich von mir damit, wie ich diesen Raum hier gestaltet habe? Spannend, ja. Das ist eine spannende Frage. Aber das visuell einzubinden, hatte ich noch so ein anderes Bild. Das mache ich eben bei der Auftragsklärung, wenn so eine Entscheidung ist, okay, schauen wir uns heute zum Beispiel das oder das Thema an. Wenn ich mit der Klientin den Klienten hinstelle und sage, okay, stellen uns vor, wir gehen den Weg, bearbeiten das Thema heute oder diesen Weg und bearbeiten dieses Thema heute, dann gehen wir ans Ende, führen uns kurz rein, okay, was wäre, wenn das heute so ein Stück weiter gekommen wäre, wenn es neue Perspektiven hier geben würde, was fühlt sich wie an? Und das heißt, wir schauen gemeinsam schon am Anfang auf diesen Weg. Und da dachte ich gerade, na gut, wir sind auch manchmal unterschiedlich groß, aber es ist so ein gemeinsames auf den Prozess schauen und damit den wieder transparent machen. Und das hat vielleicht, hoffe ich, zumindest was von Augenhöhe. Also so nochmal den Raum zu nutzen. Aber es hört sich auch da an, als wäre das immer ein Auspendeln, weil auch da wärst du ja in der Möglichkeit, die Struktur schon so vorzugeben, dass dir einem Klienten gar keine Wahlmöglichkeit bleibt. Auch da hättest du ja die Chance, letztendlich über eine Bewertung seiner Wahl auch wieder eine Struktur zu schaffen, in der Augenhöhe verhindert wird. Ja, und vielleicht geht es auch immer ein Stück um den Maß, weil natürlich stelle ich auch Fragen dann zu den Aufträgen, okay, wofür ist es denn gut jetzt, wenn wir das machen würden oder nicht. Und natürlich unterscheiden sich die Fragen teilweise auch nach meinem, wie, was löst denn der Auftrag bei mir aus oder so, was habe ich denn da für Ideen und wie ist denn meine Interpretation, wie hilfreich oder nützlich das sein könnte, das zu machen oder nicht. Das stimmt, da ist ein Machtaspekt drin. Das kommt auch am Ende ein Stück auf eine Formulierung an, wenn ich sagen würde, sinngemäß, das und das finde ich nicht gut. Oder ich kenne es noch aus dem Bereich der Gemeindepsychiatrie, wenn ich einen Klienten sage, damals war es in dem Beispiel, was ich gerade im Kopf habe, war es ein Klient, der mir erklärte, er möchte gerne seine Medikamentation wieder absetzen. Und ich hatte nach Rücksprache auch mit der Ärztin so das Gefühl, es ist wahrscheinlich keine so gute Idee, wenn er das jetzt macht. Das wäre so meine Interpretation an der Stelle gewesen. Er hat gesagt, ja doch, das macht er, hat auch so seine Gründe benannt, die dafür gesprochen haben. Und dann meinte ich so, naja, der Sozialarbeiter in mir hat so das Gefühl sagen zu müssen, dass das wahrscheinlich nicht so eine gute Idee ist. Also habe das bei mir in so eine Rolle gesteckt, so nicht ich als kompletter Mensch, sondern diese eine Rolle von mir, die wieder einen speziellen Auftrag hat. Das ist die Frage, ob das wirklich Augenhöhe ist oder ob ich es mir damit vielleicht sogar ein bisschen leicht mache. Naja, jetzt würde mich interessieren, wie hat denn der Klient darauf reagiert? Naja, er hat, glaube ich, schon die Sitzung dafür genutzt, nochmal drüber nachzudenken. Also er hat sich schon Fragen dazu nochmal gestellt. Er ist dann seinen Weg gegangen. Mit welchem Ergebnis? Das, was er abgesetzt hat. Und danach? Und dann hat er nochmal einen klinischen Aufenthalt gehabt. Und dann war das eine Erfahrung, die er dann nochmal gemacht hat, mit der er gehen konnte. Ich kam gerade so auf den Punkt, dass das ja auch, natürlich so verschiedene Rollen, die man selber hat und verschiedene Anteile, ja auch die Klienten. Und die Klientin auch verschiedene Anteile und Rollen hat. Und dass ja auch irgendwie darum gehen muss, auch im Sinne einer Allparteilichkeit, dann ist wieder ein anderes Thema eigentlich, aber allen Anteilen gegenüber auf Augenhöhe zu begegnen. Gerade in Ambivalenzkonflikten oder so. Ja, ich habe gerade noch gedacht, dann bedeutet Augenhöhe ja irgendwie auch, die Menschen Fehler machen zu lassen, so wie wir ja auch unsere Fehler machen dürfen. Auch wenn wir sie nicht so gerne machen, weil wir natürlich am liebsten gerne perfekt wären. Aber ich glaube, dass wir auch aggressiv reagieren würden, wenn jemand von uns verlangen würde, Entscheidungen immer schon vorab darauf hin abzuwägen, ob sie jetzt vielleicht doch ein Fehler sein könnten. Ja, das denke ich auch. Und dass viel mehr darum gehen kann, zu sagen, nein, ich habe totale Wertschätzung gegenüber den Entscheidungen, die du jetzt triffst und das ist okay. Und ich begleite dich dann auch weiter, egal was aus der Entscheidung rauskommt. Also bis zu gewissen Grenzen, je nach Setting und so weiter. Aber dass mehr darum geht, will ich diesen Menschen begleiten in diesem Rahmen oder nicht. Und zwar egal, in welche Richtung sich der Klient an der Stelle entscheidet. Also es klingt auf jeden Fall so, als hätte Augenhöhe mehrere Aspekte, die wir wahrscheinlich noch gar nicht alle zu Ende gedacht haben. Aber es ist auf jeden Fall so, dass es einen Aspekt hat, der irgendwie räumlich spürbar ist, wenn man da keine gute Achtsamkeit darauf hat, wie man seine Räume gestaltet oder die Räume nutzt, in denen man arbeitet. Die Erhaltung grundsätzlich zum Klienten, was gestehe ich ihm zu, an Fehlern, an Möglichkeiten, an eigenen Ideen und natürlich den Aspekt der Mitgestaltung des Prozesses. Das ist etwas, was mir so einfällt. Ja, sicher. Und das ist auf jeden Fall ein Prozess. Also eigentlich würde es sich lohnen, das Thema immer mal wieder aufzugreifen und zu schauen, was in der Zwischenzeit passiert, weil da ja wirklich gesellschaftliche Verhältnisse und gesellschaftliche Machtverhältnisse und auch politische Verhältnisse einfach einen großen Einfluss drauf haben. Und da ist es wirklich wichtig, sehr achtsam zu sein an der Stelle. Welche Einflüsse kommen da so punktuell in Haltungen rein? Die kommen ja selten so. Mit einem Vorschlag kann man das auf einmal vor einem stehen. Gibt es schon auch. Aber oft sind diese Entwicklungen ja eher langsamer und vorsichtiger. Und das stimmt. Das macht dann viel mit der Haltung. So brachial wie zum Beispiel in der Forensik hat man sie ja selten. Ja. Ja. Und gleichzeitig hatte ich gerade noch im Kopf, wie wichtig das ist, was das für Ausbildungen sagt, für Weiterbildung und Ausbildung. Ich weiß gar nicht, kann man denn Haltung vermitteln? Kann man Augenhöhe vermitteln? Na, wir versuchen das die ganze Zeit. Ich glaube, ich könnte meinen Job an den Nagel hängen, wenn ich das nicht irgendwie glauben würde, dass ich das hinkriegen könnte. Ich meine so vermitteln im Sinne von so ist das und so lernt man. Oder es ist ja vielleicht etwas, was sich entwickeln muss bei einem, eine Haltung zu Augenhöhe. Es ist ja eben etwas, was man nicht draufsetzen kann, so ich arbeite jetzt mit Augenhöhe und das ist fertig, sondern das muss ja aus einem anderen Reflexionsverständnis herauskommen. Und es wäre so die Frage, wie muss denn Aus- und Weiterbildung eigentlich aufgebaut sein und bedacht sein, dass sich das so entwickeln kann. Also ich kann dir ja vielleicht sagen, was meine Ideen dazu sind. Also grundsätzlich versuche ich zum Beispiel schon den Raum so zu strukturieren, dass Augenhöhe möglich ist. Also dass ich zum Beispiel, wenn es denn geht, auf den gleichen Stühlen sitze wie meine Teilnehmenden. Das ist nicht immer möglich. Wenn man zu wenig Stühle von einer Soldat, muss man eben auch auf andere zugreifen. Das nächste ist, dass ich versuche, wenig zu dozieren im Sinne von, das ist jetzt meine Meinung und die habt ihr genau 1 zu 1 zu übernehmen, sondern von Anfang an klar zu machen, du bekommst jetzt meine Perspektive von mir und natürlich gibt es bei bestimmten Haltungen in der Grundsätzlichkeit keine Alternative, weil die Ethikrichtlinien zum Beispiel der DGSF das vorgeben. Aber in dem, wie du es genau daraus machst und was du daraus mitnimmst, da gibt es natürlich schon eigene Möglichkeiten, die mit zu gestalten. Und das versuche ich schon von Anfang an irgendwie klar zu machen. Also dass es ein paar Werte gibt, die dürfen nicht verletzt werden und dass aber dann eigentlich alles möglich ist und auch experimentiert werden kann. Also das steht auch immer zur Disposition. Und was ich natürlich immer versuche, ist, genug Gestaltungsspielraum in die Methoden reinzubringen. Ich finde, auch das hat etwas mit Augenhöhe zu tun, weil die Menschen, die zu uns kommen und die Weiterbildung machen, die haben ja schon einen Vorberuf, die sind gut ausgebildet. Und das heißt natürlich auch, dass die da Kompetenzen mitbringen und Möglichkeiten bekommen müssen, das, was wir ihnen bieten, in Einklang mit dem zu bringen, was sie da schon mitbringen. Das heißt, sie brauchen Spielräume, Methoden auszuprobieren und Methoden für sich anzupassen. Ich könnte es natürlich so machen, dass ich sage, wir üben jetzt diese Methode und die wird eins zu eins genauso umgesetzt, wie ich sie mache. Nur wer sagt denn, dass die Art und Weise der Methode, wie ich sie anbringe, wirklich die genau richtige ist für den Klienten, für den Menschen, mit dem ich da arbeite? Das weiß ja nur derjenige, der ihn tatsächlich berät. Wenn es notwendig ist, die Methode dann anzupassen, ja, dann muss sie angepasst werden. Das hat für mich auch etwas mit Augenhöhe zu tun, das den Menschen schon von Anfang an zuzugestehen, die zu uns in die Weiterbildung kommen, dass sie das können, dass sie dazu in der Lage sind, das, was wir an Methoden anbieten, auszupendeln mit dem, was sie den Klienten zumuten wollen, zumuten können und was zu dem Problem des Klienten passt. Und es ist eine Frage der Ermutigung. Also Augenhöhe hat für mich auch viel mit Ermutigung zu tun. Das ist tatsächlich etwas, was ich von Jochen Schweitzer gelernt habe, der ja leider nicht mehr lebt, der ist ja im Oktober 2022 gestorben. Aber das, was ich von ihm erlebt habe, war immer Augenhöhe und immer Ermutigung. Also es war nie außerhalb dieser Kombination. Ich habe ihn nie anders erlebt. Immer auf Augenhöhe und immer ermutigend. Mein Eindruck ist dadurch entstanden, dass es eigentlich auch gar nicht zu trennen geht. Also wenn ich mit jemandem auf Augenhöhe arbeite, dann arbeite ich immer automatisch auch ermutigend. Ermutigung und Bestärkung ist automatisch mit Augenhöhe für dich verbunden. Das ist zwangsweise so. Das ist bei mir zwangsweise so verbunden. Und ist das dann wechselseitig oder sind wir hier wieder in diesem Machtverhältnis? Der, der sich auf Augenhöhe begibt, der, der ermutigt, ist ja quasi der, der sinngemäß jetzt so oben steht. Diese Ermutigung ist gar nicht daraus entstanden, dass da jemand dasteht und einen anfeuert und sagt, du kannst das. Das hat ja auch wieder so ein Machtthema, dass jemand anders für dich definiert, ob du jetzt in der Lage bist, etwas zu schaffen. Das schafft eine Abhängigkeit. Das schafft eine Abhängigkeit und das habe ich eigentlich auch so nie erlebt. Sondern die Ermutigung lag tatsächlich in dieser Art und Weise der Augenhöhe. Einfach in dieser grundsätzlichen Haltung. So wie du das siehst, ist es erstmal grundsätzlich okay. Und so wie du das angehst, ist es auch erstmal grundsätzlich okay. Darin lag schon so eine ganz starke Ermutigung, weil der gute Grund einfach grundsätzlich angenommen wurde. Und deswegen ist es für mich einfach nicht trennbar. Ich habe das immer so erlebt. Immer auf Augenhöhe und immer ermutigend. Sind wir wieder beim Punkt, dass es gar nicht geht, eigentlich nur getrennt über eine Haltung an sich zu sprechen. Die hängt grundsätzlich mit anderen zusammen. Und wie wichtig das ist, das habe ich jetzt bei dir auch so rausgehört, um auf Augenhöhe gehen zu können oder um das für sich ernst zu nehmen, sich selber immer wieder zurückzunehmen und Raum zu geben und zuzulassen und zu sagen, ja gut, so ist das. Und auch wenn ich vielleicht andere Sachen im Kopf hätte oder was auch immer, die müssen jetzt gar keine Rolle spielen. Und die sind im Zweifel gar nicht richtig, gar nicht angebracht, das ist einfach der derzeitige Stand meiner Irrtümer. Das ist eine schöne Formulierung. Ja, so und dann können wir einfach gemeinsam schauen, was entsteht dann so in der Gruppe oder im Zweiersetting oder was auch immer. Der derzeitige Stand meiner Irrtümer. Das ist eine sehr schöne Formulierung, das merke ich mir echt. Weiß ich gerade gar nicht, wo die herkommt. Das habe ich bestimmt irgendwo gelesen oder so. Das macht gar nichts, ich habe so viel gelesen. Ich glaube, alles, was ich sage, ist irgendwie eine Zusammenschau von dem, was ich schon mal erlebt und gelesen habe. Das bleibt, glaube ich, im Laufe des Lebens nicht aus. Ich halte gerade noch einen anderen Teil der Augenhöhe. Es gibt natürlich Situationen, da verlasse ich bewusst den Bereich der Augenhöhe. Und zwar immer dort, wo ich als Leitung und als Entscheidung, als Entscheiderin gebraucht werde. In Momenten, in denen Grenzen überschritten werden oder in denen es eine ganz klare Ansage braucht, ein ganz klares Narrativ oder eine ganz klare Orientierung, wo es hingeht. Da verlasse ich schon sehr bewusst den Bereich der Augenhöhe. Da habe ich jetzt so zwei Aspekte herausgehört. Das eine wäre so ein Anlass, die Augenhöhe bewusst zu verlassen. Und zwar erstmal immer bewusst, nicht versehentlich oder wie auch immer, sondern bewusst zu sagen, okay, das eine ist, wenn klare Täterstrategien oder sowas kommen, die einfach benannt werden müssen, wenn es zum Beispiel um Gewalt geht oder solche Geschichten. Das heißt, wenn ethische Fragen im Raum stehen. Und das andere ist, wenn es einfach die Rolle verlangt, in der man auch ist. Manche Rollen haben ja bewusst bestimmte Menschen und andere nicht, wie ich im Flugzeug mich nicht ins Cockpit setzen kann und sagen, gut, heute steuere ich mal so. Sondern es macht Wahnsinn, dass das jemand anderes macht und nicht ich. Ja, da stelle ich mir so vor, könnte man Augenhöhe fast sonst so verschleierend nutzen. Nein, ich spreche Sachen nicht an, weil ich auf Augenhöhe bin. Und man verschleiert einfach letztlich teilweise Gewaltstrukturen oder Täterstrukturen. Ja, wo Augenhöhe vielleicht dann auch dazu dienen soll, Konflikte zu vermeiden oder sie zu vertuschen. Das geht dann natürlich nicht. Das ist, finde ich, dann ein Missbrauch dieser ansonsten sehr hilfreichen Grundhaltung. Aber es ist spannend, dass wir jetzt echt nochmal so an die Grenze von Augenhöhe gekommen sind. Da ist die ja bei Verantwortung letztlich. Das heißt, es geht auch darum, mit Menschen wirklich bewusst darauf zu schauen, Handlungsfähigkeit zu erhöhen. Und damit geht ja immer Verantwortung einher. Wenn ich mich handlungsfähig fühle und verhalte, das ist ein guter Zustand, der soll gefüttert werden, aber dann heißt das auch im Zweifel, eine Verantwortung, Verantwortung zu übernehmen. Wenn ich handlungsfähig bin, ja. Spannend. Und da fällt mir noch ein anderes Beispiel ein, das ich auch von Jochen Schweitzer habe. Er hat ja viel im Klinikkontext gearbeitet. Und dort ist es ja so, dass Menschen mit Psychosen in Krankenhäuser kommen, die schon häufig Runden gedreht haben. Das heißt, die schon häufiger in psychotischen Zuständen waren und die schon häufiger wieder in das gleiche Krankenhaus in einer akuten Psychose eingeliefert werden. Und natürlich ist in so einem Moment keine Augenhöhe möglich. Das heißt, da muss ein Arzt entscheiden. Da müssen Pflegekräfte möglicherweise auch mal stärker zupacken, um diese Person überhaupt einigermaßen vor sich selbst zu schützen. Und er hat versucht, diese Augenhöhe im Sinne herzustellen, dass man vorab schon bespricht mit dem Patienten, was passiert, wenn du das nächste Mal eingeliefert wirst. Also dann wird es möglicherweise so sein, dass wir dich wieder fest anpacken müssen. Aber was hättest du denn dann gerne, was wir tun? Das heißt, dass die Menschen schon vorab mit besprechen können, wie sie behandelt werden möchten. Und dann ist natürlich in dem Moment die Augenhöhe nicht möglich. Aber es wurde ein kleines bisschen Mitspracherecht, Handlungsfähigkeit initiiert, indem das schon vorab besprochen wurde. Und das sind so wichtige Punkte, finde ich, beim Thema Augenhöhe, die eben die Frage der Macht betreffen. Man kann Machtsituationen nicht völlig umgehen. Es ist nicht möglich, permanent auf Augenhöhe zu agieren. Aber es ist möglich, diese Situationen vorab schon abzusprechen, sodass die Machtdemonstration, die da drin liegt, dass die ein Maß bekommen oder eine Idee bekommen, wo sie mitsprechen können, wo sie einfach Einfluss nehmen können, in welcher Art und Weise auch immer. Und dadurch deren Handlungsfähigkeit doch wieder gestärkt wird und der Respekt einfach vor den Menschen. Das steckt die Frage drin in diesem Beispiel. Wann kann ich auch was mit wem besprechen? Heißt Augenhöhe immer alles zu jeder Zeit mit jedem besprechen zu können? Oder darf ich schauen, zu welchem Zeitpunkt und wer legt den dann fest? Fühlt sich eine Person imstande dazu, welches Thema auch anzugehen oder nicht? Und solche wichtigen Entscheidungen für sich zu treffen. Blöderweise muss es mindestens einen Vorfall meistens geben, bevor überhaupt man so einen Krisenplan machen kann. Aber es ist ein total spannender Aspekt, eben mit Menschen drüber zu reden. Sie wissen, dass ja die und die Phasen in ihrem Leben sein könnten. Ich weiß nicht, ob die nochmal auftreten. Keine Ahnung, aber potenziell wäre es möglich, weil es gab sie schon. Was würden sie denn wollen, was dann passiert? Was gemacht werden soll? Das ist genau das Beispiel, was du erzählt hast, was zum Glück, vielfach habe ich zumindest erlebt, auch in Klinikkontexten mittlerweile angewendet wird und schon auch eine Verbreitung hat. Und was total wichtig ist, um eben diese eigene, in anderen Settings würde man vielleicht Störungskompetenz, ich mag das Wort nicht, benutzen. Aber ja, um die Kompetenz über das eigene Leben einfach ein Stück weit zu haben da an der Stelle. Ja, und dann hatte ich so gerade die Idee, wenn du das so sagst, okay, es braucht mindestens einen kritischen Vorfall, um sowas zu machen, hat es trotzdem eine Wirkung im Nachgang zu sagen, hier mussten wir leider über deine Grenzen gehen, um dich zu schützen. Wie wäre es denn, wir besprechen jetzt, wie wir das beim nächsten Mal machen, also auch die Anerkennung dessen, dass da keine Augenhöhe möglich war, dass das schon wieder eine Form von Augenhöhe herstellen ist. Ja, es klingt nach dem Angebot zumindest davon. Ist dann auch im Nachhinein, okay, wir mussten so handeln, aus den und den Gründen haben wir uns zumindest entschieden dafür, so zu handeln, aus zum Beispiel der Verantwortung, die der Job mitgibt, einfach mein Job an der Stelle so zu handeln. Und es tut mir auch leid. Ich würde wieder so handeln und gleichzeitig tut es mir leid. Und dafür entschuldige ich mich auch, aber wie wollen wir es denn das nächste Mal machen. Also auch da dieses, sowas auch zulassen zu können. Bei dem es tut mir leid, klingt es aber eher danach, es tut mir für dich leid. Weil eigentlich kann man ja nicht sagen, die Person hat wirklich einen Fehler gemacht. Es ging einfach nicht anders. Es tut mir für dich leid, dass du es in dem Moment nicht anders erfahren konntest. Und wir gucken, wie es jetzt das nächste Mal anders gehen könnte. Ja, nein, es geht dabei nicht um Schuld, ja, gar nicht so, sondern um, okay, es gab gute Gründe für genau diese Handlung. Es war akute Eigengefährdung oder Fremdgefährdung. Das sind ja dann immer so die beiden Schlagwörter. Das ist aber der spannende Aspekt an dem, was du sagst. Wenn man so bewusst sich dafür entschieden hat, die Augenhöhe zu verlassen, sich dann die Frage zu stellen, okay, wie komme ich wieder zurück auf die Augenhöhe? Oder wie kann ich zumindest das Angebot dafür machen? Das wäre dann immer die Frage, wie reagiert es gegenüber? Da habe ich gerade einen ganz anderen Schwenk im Kopf. Weil das eine ist ja, wenn wir uns entscheiden, Augenhöhe herzustellen, dann verlassen wir ja bewusst eine Machtebene. Und manchmal haben wir ja aber Klienten, die setzen sich vor uns und die haben gar nicht vor, auf Augenhöhe zu gehen, weil sie der Meinung sind, sie sind drüber. Das ist ja eine Einladung, dann im Grunde auf Augenhöhe zu kommen, indem man mit ihnen darum kämpft, wer ist denn jetzt hier der größere, keine Ahnung, der bessere Berater oder der Mensch mit dem stärksten narzisstischen Anteil. Ja, und ich denke, den Kampf kann man dann auch sehr lange und sehr ergiebig führen. Und immer wieder, man wird halt nie zu den Themen kommen, um die es geht, oder eine gute Veränderung herstellen. Aber man kann sich gut damit beschäftigen, glaube ich. Und auch beide können sich damit extrem gut beschäftigen. Da bin ich eher wieder beim Punkt der Verantwortung. Also wer hat dann von beiden welche Verantwortung für diesen Prozess und Prozessgestaltung einfach auch aus der Rolle raus? Und wie nimmt man das dann wahr? Und was hat man selber auch, zum Beispiel durch Supervision, Reflexionsrunde, für Möglichkeiten selber zu bemerken, dass man zum Beispiel gerade in so einer Dynamik ist, das ist ja manchmal auch gar nicht so offensichtlich. Was hat man da überhaupt in seiner Praxis für Möglichkeiten, selber so mal gespiegelt oder so zu bekommen, okay, es könnte so eine Dynamik sein, schauen wir drauf. Ja, und dann, wir hatten vorhin ja das Thema, dass man gesellschaftliche Strukturen ja auch irgendwie immer reflektieren muss, um solche Themen wie Machtstrukturen in der Beratung oder in der Arbeit ansprechen zu können, beziehungsweise in Augenhöhe umwandeln zu können. Und da kommt mir gerade die Idee, da sollte man es gerade nicht machen, weil wenn so ein Mann vor mir sitzt, so breitbeinig, und dann sagt, ja, wer sind Sie eigentlich, sind Sie überhaupt Psychologin? Das ist ja Statustalk vom Vereinsten. Mit dem könnte ich in ein richtiges Battle einsteigen über Feminismus, Abwertung von Frauen. Da hätte ich ganz viel Spaß bestimmt dabei. Die Frage ist, um was geht es? Ja, und wie gut zahlt er dir dafür? Aber ja, das ist genau, worum geht es? Also was ist hilfreich an der Stelle? Was ist denn das bestmögliche Ergebnis, was man mit so einem Vorgehen dann erreichen würde, was auch irgendwie realistisch ist? Und geht es wirklich darum? Was für Bedürfnisse sind einfach auch dahinter, auch bei so einem Mann, der sich so hinsetzt und auch mit so einem Verhalten sich zeigt? Das heißt, da muss Augenhöhe anders hergestellt werden, indem man an den guten Grund kommt. Und da wären wir dann für sein Verhalten. Und da wären wir jetzt beim nächsten eigentlich schon. Das stimmt. In der systemischen Arbeit. Das können wir gerne beim nächsten Mal besprechen. Sehr gerne. Ja, das ist ein spannendes Thema. Vielen Dank für das schöne Gespräch. Danke dir. Selten so gefragt. Mein Name ist Anne-Kathrin May und das ist der Podcast von Querencia. Institut für Systemische Weiterbildung Dresden. Untertitel der Amara.org-Community Sprecher Jochen Graf Deutsche Bearbeitung sub&dub company Redaktion Julian Windisch

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