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Diagnose im Erwachsenenalter - Wozu das denn?

Diagnose im Erwachsenenalter - Wozu das denn?

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"Wozu jetzt noch eine Diagnose? Ich bin erwachsen... Hab mein Leben auch so in den Griff bekommen... naja - so einigermaßen..." Hört in dieser Folge, warum sich eine (Autismus-) Diagnose auch im Erwachsenenalter durchaus lohnen kann. Wenn ihr mehr zum Thema Autismus und Neurodivergenz erfahren und euch austauschen wollt: Ihr findet uns unter "authentisch autistisch" auf Facebook, Instagram oder im Netz. Ich freue mich auf euch! Bleibt neugierig! 🍀

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The podcast episode discusses the benefits of receiving an autism diagnosis in adulthood. Even though assistance like school support or accommodations may no longer apply, there are still advantages to being diagnosed. Adults with a disability card can receive benefits such as tax and employment-related accommodations, discounted prices for entertainment, and public transportation. Adult individuals can also access assistance for daily tasks, education, finding suitable housing or jobs, and coaching. A diagnosis allows for self-discovery and self-acceptance, understanding strengths and weaknesses, and seeking support from others with similar experiences. Late diagnoses can lead to a fresh start and a better understanding of oneself. It's never too late for a new beginning. Hallo und herzlich Willkommen hier zum Podcast von Authentisch Autistisch. Die Folge heute, Diagnose im Erwachsenenalter. Was bringt das? Was bringt es, wenn erst spät die Idee aufkommt, dass man womöglich selbst im Autismus-Spektrum lebt? Kindergarten und Schule sind längst vorbei, man hat womöglich einen Job, eine Familie oder ist gar bereits in der wohlverdienten Rente. Das bedeutet, Hilfen wie Schulassistenzen, Nachteilsausgleich usw. treffen ja sowieso nicht mehr zu, können und brauchen also nicht beantragt zu werden. Wozu helfen? Ich hab mein Leben ja auch so in den Griff bekommen. Naja, so einigermaßen. Auch für Erwachsene kann sich eine Diagnose lohnen. Rechtlich steht einem mit einem Schwerbehindertenausweis, weder so ein gruseliges Wort für ein Stück Pappe, durchaus ein Nachteilsausgleich zu. Nachteilsausgleich betrifft Erwachsene z.B. bezüglich Steuer- und arbeitsrechtlicher Ausgleiche, die u.a. mehr Urlaubstage oder einen besonderen Kündigungsschutz beinhalten können. Auch Eintrittspreise im Kino, Freizeitparks oder auch in den öffentlichen Verkehrsmitteln können vergünstigt sein oder wegfallen. Und auch für Erwachsene gibt es Assistenzen, die in Anspruch genommen werden können. Da gibt es Hilfen zum Bewältigen des Alltags, Begleitung in Ausbildung und Studium, Hilfen zum Suchen und Finden von geeigneten Wohnmöglichkeiten oder Arbeitsplätzen, Coachings usw. Ich finde, dass sich eine Diagnose zu jedem Zeitpunkt im Leben lohnen kann. Warum? Weil man verbrieft die Chance bekommt, sich noch einmal ganz neu kennenzulernen. Das ist nicht immer rosarot, manchmal auch ganz im Gegenteil. Ähnlich, wenn man einen Fremden kennenlernt. Da fragt man erst mal gegenseitig nach den oberflächlichen Dingen, wie heißt du, wie alt bist du, als was arbeitest du, wo kommst du her? Erst wenn man sich näher kennenlernt, kommen tiefergehende Fragen, man nähert sich langsam an, wird vertrauter, kann sich möglicherweise öffnen. So lernt man sich selbst nach einer Diagnose neu kennen, als einen Menschen im Autismus-Spektrum. Das ist oftmals gerade zu Beginn auch durchaus verwirrend. Schließlich war man doch bisher ganz normal. Naja, okay, ich habe mich schon oft gefragt, ob ich nicht irgendwie auf dem falschen Planeten lebe. Also gab es einen echten Grund, warum ich nie so viel geschafft habe wie die anderen? Ich darf müde sein, frustriert sein und vor allem darf ich mir Pausen gönnen und Hilfe holen, oder? Und dies ist der Grund, warum auch späte und sehr späte Diagnosen absolut sinnvoll sein können. Sie können helfen, sich selbst anzunehmen, sich selbst anzuerkennen in allen Stärken und Schwächen. Plötzlich gibt es Antworten auf so viele Fragen. Endlich kann ich es mir erlauben, netter zu mir zu sein, meine vermeintlichen Schwächen zuzulassen, aber auch meine Stärken gegebenenfalls zu feiern. Und ich kann mir, wenn ich das möchte, Gleichgesinnte suchen. Andere Autisten. »Das ist wie nach Hause kommen,« berichtete mir Bea, die ihre Diagnose erst mit vierunddreißig Jahren bekommen hat. Ich saß vor dem PC und habe geheult. Da waren Menschen, die mich verstanden, Menschen, die scheinbar ein ähnlich verdrahtetes Gehirn haben wie ich. Da wurde in unfassbarer Geschwindigkeit gechattet, es flogen Witze durch den Raum, die ich alle sofort verstand, alles war sortiert, logisch, einfach und schön. Erst nach zwei Jahren traute Bea sich zu, einige der Online-Bekanntschaften auch im echten Leben zu treffen, und besuchte eine Selbsthilfegruppe in ihrem Nachbarort. »Das war gefühlt das Mutigste, was ich in meinem ganzen Leben gemacht habe,« sagt Bea, »und das Sinnvollste«, strahlt sie. Sie hat neue Freunde gefunden und ihr gesamtes Leben auf den Kopf gestellt. Sie hat ihren Job und ihre Wohnung gekündigt und lebt nun mit sieben anderen Autisten auf einem alten Bauernhof. Eine WG war uns zu eng, wir wollten alle raus in die Natur. Bis auf eine Mitbewohnerin sind wir alle mittlerweile selbstständig und können uns unser Leben selbst finanzieren. Egal wann, es ist nie zu spät für einen Neuanfang, es ist nie zu spät, sich noch einmal neu kennenzulernen. So kann auch eine späte Diagnose absolut zielführend sein, allein, um sich selbst gegenüber netter und rücksichtsvoller zu werden, sich selbst akzeptieren zu können. Also, bleibt neugierig und bis zum nächsten Mal. Tschüss!

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