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Gezählt Tage 31

Gezählt Tage 31

CarlCarl

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Weil du das Potential hast und sie nicht. Und woher willst du das wissen? Hast du einen Plattenschrank in der Hölle oder was? Ich weiß es halt. Du bist was besonderes, John. Etwas beneidenswertes, besonderes. Dir wurde etwas in die Wiege gelegt. So sagt man es wohl bei euch. Und weils wegen und was? Und was ich dafür will? Du willst was? Hat nicht einer wie du ihr schon alles? Nein, nicht ganz. Also? Ihr habt in eurem Englanden die Goethe gelesen in der Schule. Und den Faust? Wen? Ach John, was ich will, ist nichts weiter als deine Seele. Okay, jetzt reiß. Ich bin weg. Behalte deine Sachen. Der Magnetismus schien zu verschwinden. Ich konnte mich umdrehen und den Korridor hochlaufen. Zu meinen scheißdreckigen Cowboy-Stiefeln, meiner Hose und der Lederjacke, die mir meine Mutter noch schenken konnte. Überleg's dir, hörte ich eine Frauenstimme hinter mir sagen. Ich blickte über die Schulter und sah Brigitte Bardot im Türrahmen stehen. Dieses Mal ohne Mandeln, ohne alles, ohne verdammt nochmal alles. What the fuck? So kriegst du mich nicht. Keine Zeit zum Anziehen. Die Sachen gekrallt und ich zieh weg. Weg aus diesem Haus, diesem Viertel, dieser Stadt, diesem Land. Was für ein Irrsinn. Klar, ich hatte schon ein paar seltsame Phänomene erlebt in meiner Jugend. Mal glaubte ich, ein Geist gesehen zu haben, nachdem ich meiner Mutter gestorben war. Und mehrfach erblickte ich ein paar Ufos über den Strawberry Fields. Aber so etwas? Dieser Typ, dieser Deal? Und da will er auch noch meine Seele. Was soll das überhaupt heißen? Die 300 Mark für die Tickets nach England lieben mir am Ende Astrid und Stuart. Dafür brauchte ich keinen Teufel. Ich ging auch bei Astrid in die Wanne, putzte mir dort die Zähne und Stuart spendierte mir saubere Kleidung. Doch musikalisch blieb die Welt in Trümmern. Natürlich waren wir nach Hamburg gegangen, um berühmt zu werden. Aber wir waren gescheitert. Wie konnte es weitergehen? Zurück in Liverpool verkaufe ich mich zwei Wochen im Haus von Tottenhamie. Die ganze Staunt war, dass ich zum Stubenhocker wurde. Ich wollte niemanden sehen, packte auch die Gitarre kaum an. Stattdessen zeichnete ich und zeichnete ich. Hunderte von Illustrationen, Karikaturen, Fantasien und ich gebe es zu, Brigitte Bardot war auch dabei. Um eine Erinnerung an das Ansitz des Teufels. War die Flucht ins Zeichnen ein Zeichen dafür, dass ich bildender Künstler werden wollte? Maler? So etwas wie Paul? Wollte ich jedenfalls überhaupt nicht machen. Mimi hatte mir erzählt, dass er bei der Post jobben würde. Ich war voller Zweifel. Selbstzweifel. Lebenszweifel. War meine Stimme einfach zu beschissen? Oder meine Gitarrenspiel so übel? Zwischendurch traf ich mich mit Cynthia, um mich abzureagieren. Wir standen während unserer Hamburg-Phasen immer im Briefkontakt. Und wenn wir uns zwischendurch begegneten, hatten wir vor allen Dingen Sex. Sie klingelte bei Mimi und ich gab ihr dann das Fenster im ersten Stock, zu verstehen, dass ich gerade bei Laune war oder eben nicht. Waren wir danach, fielen wir übereinander her, ohne an Verhütung oder sonst was zu denken. Dann ging Cynthia wieder und irgendwie tat sie mir jedes Mal leid, als sie sich heuer unterwinkte und mit ihren leuchtenden Haaren zuherschaute, die sie blondiert hatte, nur um mir zu gefallen. Eines Tages, las es den zweiten Assent gewesen sein, standen Paul und George vor der Tür. Komm John, geben wir den Beatles noch eine Chance. Was für eine Chance? Lass uns doch erst in der Gegend berühmt werden, in der Merseyside. Der Typ schnallte vor ihrer Nase ins Schloss. Erstmal berühmt werden, in der Merseyside? Mein Gott, wie klein war das denn? Die beiden hörten nicht auf, mich zu nerven. Irgendwann machte auch Pete mit bei diesem Terror. Dessen Mutter hatte im Keller ihres Hauses einen Musikladen eingerichtet, den Cabbage Coffee Club. Und so ließ ich mich weichklopfen. Gut, eine Chance, gestand ich zu. Wir üben zweimal im Cash Bar und dann versuchen wir es am 27. Dezember in der Town Hall in Niederland. Natürlich macht es Spaß, wieder mit den Jungs die ganzen Rock'n'Roll-Nummern auszuballern, aber was soll ich sagen, der Auftritt in Riverland war einfach furchtbar. Es kamen sage und schreibe 18 Leutchen. Neun Spießerpärchen mittleren Alters, die unsere Musik dazu missbrauchten, eine flotte Solo aus Parkett zu legen. Und als wir absichtlich das Tempo anzogen und dreckiger wurden als in Hamburg, verließen einige von ihnen empört den Saal. Okay, das soll es nun gewesen sein, endgültig. Die Beatles waren tot, bevor sie angefangen haben zu leben. Als wir an diesem Abend den Heimblick antraten, war uns allen klar, dass sich unsere Wege wohl trennen würden. Vielleicht würden wir Freunde bleiben, nebenbei mal in Palitien spielen, aber jeder würde an seinem auch immer wie auch immer gearteten Job verschwinden und bis zur Unkettlichkeit verschmelzen mit der Masse. Doch dann stand an der Ecke, in Menlo Avenue und Bail Row, dieser englische Geschäftsmann, Malone auf dem Schädel, der Melone, auf dem Schädel, Trenchcoat, Aktentasche, Regenschirm. Er passt um diese Uhrzeit nun nur gar nicht hierhin. Wir standen ihm vorbei, als ich wieder diesen Magentismus spürte. Na John, hast du deine Meinung geändert? Wir blieben stehen. Du kennst diesen Typen? Nein. Doch John, wir kennen uns aus Hamburg, du erinnerst dich. Der Mann nahm seinen Hut ab. Verpiss dich, du sagst. Ohne erkennbaren Anlauf, quasi aus dem Stand, rammte ich den Typen in die Hecke. Aber er lachte nur. John, was ist los? Willst du uns einander nicht vorstellen? Ich wusste nicht, wie ich mit dieser unverwürstlichen Art umgehen sollte. Und ich schrie, Ja gut, dann stelle ich euch mal vor, da sind Paul, George und Pete. Und das da unten in der Hecke, das sehr verfickte Teufel. Mach keinen Scheiß jetzt, John, was soll der Zirkus gegen Paul dazwischen? Diese Kreatur des Wesen wühnte sich aufzustehen. Nein, nein, ist schon gut, er hat recht. Ich bin tatsächlich das Biest, mit dem es euer Jesus in der Wüste zu tun hatte. Matthäus Evangelium Kapitel 4, vielleicht habt ihr da mal reingeschaut. Er legte eine kurze Kunstpause ein und klopfte sich den Manzel sauber. Nun, was der Zirkus soll? Ja, ich biete euch an, die Beatles der größten Band der Welt zu machen. Mit allem, was dazugehört. Mit allem, was ihr benötigt. So etwas wie Inspiration, Handwerk, Ruhm, Geld, Frauen, absolute Glückseligkeit. Ihr werdet Melodien für die Ewigkeit schaffen. Es wird eine wahre Hysterie um euch geben. Ihr werdet größer sein als Jesus. Die Jungs zogen die Augenbrauen hoch. Genau das hat er mir auch in Hamburg erzählt, als ihr mich da unten allein gelassen habt. Und wisst ihr was? Dafür wird er nichts weiter als meine Seele haben. Der Typ ist verrückt. Deine Seele? fragte George. Ja, meine Seele. Ach ja, liebes Teufelchen, was soll das überhaupt bedeuten, meine Seele? Kannst du das mal ein wenig ausführen? Nun ja, du wirst eines Tages sterben müssen. Sterben müssen wir alle, wo ist der Haken? Der Kerl lachte. Wenn du das siehst, John, dann gibt es keinen Haken. Pete wurde die Sache zu bizarr. Er zog uns an den Ärmeln. Komm, lass uns weitergehen. Und schob uns drei ein paar Schritte nach vorne. Wenn ihr mir nicht glaubt, dass es klappen kann mit euch, also richtig klappen kann, dann schlage ich vor, dass ihr euch einmalig mit meiner Kunst überzeugen könnt. Ohne irgendeine Gegenleistung. Am 5. Januar habt ihr den nächsten Auftritt in Neverland, nicht wahr? Den haben wir vorhin abgesagt, meinte Paul im Fortgehen. Dieser Auftritt wird anders als alles sein, was ihr jemals erlebt habt. Ich verspreche es euch. Wir gingen weiter. 10 Meter, 20, 50, die ihm stehen. Die Dumms schauten uns an. Wenn es nichts kosten wird, sagte Paul, lassen wir uns doch auf das Experiment ein. Entweder es ein Irrer oder was, fragte ich. Als wir neun Tage später zum Soundcheck in der Town Hall von Neverland ankamen, bemerkten wir, dass die vernichtende Zahl von 18 Gästen zum letzten Mal jetzt schon weit in den Schatten gestellt wurde. 100 Teenager waren das bestimmt. Und schließlich blicken wir von der Bühne in eine erwartungsvolle Menge, die in der Lokalzeitung später offiziell mit 350 angegeben würde. Was auf dem ersten Akkord passierte, kann man kaum mit Worten beschreiben. Es war pure Energie, von des Überflusses auf die Mädchen und Jungen. Sie sahen aus wie elektrifiziert. Zuckten und zappelten wie eine Reisegruppe von Epileptikern. Und ja, sie schrieen sogar. Manchmal so laut, dass wir einander auf der Bühne kaum mehr verstehen konnten. Natürlich kam das merkwürdig vor, aber wir genossen das. Es machte einen unbändigen Spaß. Im Rückblick muss ich sagen, dass hier an diesem Abend in diesem abgeschmackten Vorort nördlich von Liverpool die Anzähne der Weasel Mania lagen. Plötzlich waren wir wow. 70% der Leute dachten, wir seien Deutsche, aber das war uns egal. Das war die Nacht, in der wir aus unserem Schreckenhaus gesprungen sind. Danach ging's los. Zum ersten Mal jubelten die Leute wirklich für uns. John Lennon, The Beatles Anthology Vielleicht sahen wir deutsch aus, aber wir hoben uns vom Rest der Leute ab, denn wir hatten Lederjacken an. Und wir spielten plötzlich anders. Wir schlugen ein wie eine Bombe. George Harrison, The Beatles Anthology Als ich die Halle geleert hatte und wir mit Cynthia und dem vom Sound völlig sedierten Veranstalter ein Bierchen zischten, war uns allen klar, dass höchstwahrscheinlich schon auf dem Nachhauseweg diese seltsame Kreatur auftauchen würde. Ich schickte Cynthia, die sich sicher vorgestellt hatte, die Nacht bei mir zu verbringen, vorsichtshalber nach Hause, aber es geschah nichts. Wir passierten extra die Stelle, an der wir den Typen neulich getroffen hatten. Uns war es an der geplätteten Hecke zu erkennen, doch es blieb still. Wir verabschiedeten uns mit diesem gemeinsamen Erlebnis in den Knochen unter der tiefen Überzeugung, dass wir genau so etwas immer gewollt hatten. Wenn ihr euch denn in den Teufeln das erste Mal treffen solltet, John, unterschreibt mal, lachte Paul. Jungs, wir sehen uns morgen. Leise drehte ich den Schlüssel und wurde in aller Totenstille von Tim begrüßt, unserem Kater, den ich vor vier Jahren als Neugeborenes im Schnee gefunden hatte und mit nach Hause gebracht hatte. Wir streichelten ihn und schliefen mit ihm zusammen die Treppe hoch. Ich mied die zwei seit Ewigkeiten knarrenden Stufen, um Tante Mimi nicht zu wecken und schob mich so in mein Zimmer, dass Tim nicht hineinrutschen konnte. Beruhigend durfte ich die Tür hinter mir in den Rahmen und drehte am Lichtschalter. Guten Abend, John. Was für ein Irrsinn. Die Kreatur, der Bürstenkopf, er saß auf meiner Bettkante und blickte mich mit den gelben Augen an. Jetzt hat er genau das Aussehen, das ich aus Hamburg kannte. Der einzige Unterschied waren seine Treter. Die High Heels hatte er gegen merkwürdig recht modische Gummistiefel getauscht, die den Aufdruck eines Walrosses zeigten. War das gut? Scheiße, Mann, was machst du hier? Ja, verdammt, es war sehr gut. Hab ich euch doch gesagt. Und habt ihr Lust auf mehr? Auf viel mehr? Oder wollt ihr bei den städtischen Busbetrieben eine Ausbildung machen, um mit den Fußstapfen von Geordies weiterzutreten? Vielleicht wollt ihr auch mit der Baumholtwelle handeln, wie Pauls Vater. Oder ihr fahrt zur See, wie Deiner. Halt die Luft an. Ich biss die Zähne aufeinander und schaute aus dem Fenster auf die düstere Straße. Die drei Jungs waren nicht mehr zu sehen. Ja, natürlich macht das Lust auf mehr. Es war einfach sensationell. Die Leute sind abgegangen. Dann schauen wir auf den Schreibtisch. Liegt etwas für dich schon? Natürlich, ein Blatt Papier und ein Zimtenfutter daneben. Ich las. Und dann las ich noch einmal und noch einmal. 20 Jahre? Ich hätte laut diesem Büsch dann nur noch 20 Jahre? Soll ich dir meinen Bandschorf da rüber zerschlagen? Komm runter, John. Das werden die wunderbarsten 20 Jahre, die ein Mensch erleben kann. Das reicht für 10 Leben. Und hier geht es nicht nur um die Egos von vielen Individuen. Wir werden in die Weltgeschichte eingehen. Für immer. Unverrückbar. Unerreicht. Alle, die nach euch kommen, werden sich an euch orientieren. Und übrigens, John. Da unten kannst du noch eintragen, wie ich dich am Ende uns wunderbaren Dielen holen lassen soll. Die Art der Ernte. Keine Angst. Völlig schmerzlos. Es zischte und ergibte sich den Inhalt einer Dose Coca-Cola in den Rachen. Keine Ahnung, wer die hertete. 20 Jahre? Dann wäre mit 40 Schluss für mich hier auf dem Planeten. Das konnte doch nicht sein Ernst sein. Kann ich noch eine Nacht drüber schlafen? Nein, John. Der Zeitpunkt ist gekommen. 30 Jahre? Was meinst du? Können wir den Deal auf 30 Jahre verlängern? Nein, John. Das geht nicht. Dann ist mir deine Seele zu alt. Ich brauche sie früher. Wofür? Ich ernähre mich davon. Das ist ja widerlich. Und wie schmecken Seelen? Nein, du missverstehst. Ich esse sie nicht. Ihre Energien ernähren mich. Die Seelen, die ich mir hole, wunderbare Seelen ausschließlich, will ich ja immer um mich herum haben. Ach so, wie in einem Höllischen Hofstaat. Nenn es, wie du willst. Aber fürchte mich. Mit menschlicher Vorstellung ist das nicht zu beschreiben. Unterschreibst du nun? Wie schnell wird das gehen, den Beatles? Von jetzt auf gleich? Schnell, aber nicht zu schnell. Es muss alles glaubhaft wirken. Es wird Schritt für Schritt gehen. Zuerst verletzt ihr das örtliche Publikum weiter in Ekstase. Dann macht ihr einen Cavern Club in der Matthew Street. Und dann unternehmt ihr ein paar Konzerttouren, dicht in meiner deutschen Heimat. Oh nein, durch das ganze fucking Naziland? Nein, nur in Hamburg. Das reicht. Ich werde dort einen neuen Laden eröffnen. Den Star-Club. Er wird euren Ansprüchen gerecht. Und dann, so viel kann ich euch sagen, werdet ihr am Ende 1962 bei einem der letzten Auftritte dort erfahren, dass euer erstes Single in die britischen Charts eingestiegen ist. Auf welchem Platz? Platz 17. Nur Platz 17? Mit der zweiten Single landet ihr schon auf Platz 2. Danach geht es ab. Weltweit. Ihr werdet eine nie dagewesene Massenhysterie auslösen. Und es wird euch an Reihen gar nichts mangeln. Und in welchen Songs werden wir das schaffen? Dir und Paul werden sie nur aus den Köpfen fließen. Auf dem Flur waren Schritte zu hören und meine Zimmertür ging auf. Mit wem redest du, John? Fragte Tante Mimi verschlafen. Mit mir selbst. Hattet ihr ein schönes Konzert? Hatten wir, Tantchen. Sehr großartig. Und ich nahm sie fest in den Arm. Du hast mich lange nicht mehr in den Arm genommen, John. Wir werden berühmt, Mimi. Du bist und bleibst ein Träumer. Mach was ordentliches. Ich sag's dir jetzt, John. Gute Nacht, mein Junge. Mimi verschwand und das Wesen materialisierte sich wieder auf meine Bettkante. War das Liebe, John? Was? Diese Umarmung gerade. Weiß ich nicht. Unterschreibst du nun? Es ist gut, ich unterschreibe. Unter einer Bedienung. Du weißt, dass man mit mir nicht verhandelt. Dass du den Menschen, die mir nahestehen, nie ein Haar drum wirfst. Das lässt sich machen. Der Kerl beobachtete jeden Schwung meiner Unterschrift. Stand jetzt hinter mir. Der Magnetismus durchdrang meinem Wurstkorb wie ein langsames Messer, das am schnellsten Schleifstein der Welt auf die Schärfe einer Riesenklinge gebracht wurde. Vergiss nicht, dass du sterben willst, John. Knall mich ab, das geht am schnellsten. Knall mich ab. Ich mach das nicht selbst. Aber nun schreib's rein. Mündlich reicht mir das nicht. Dann löste er sich auf, mit seinem Papier und Schreiber. In Hamburg, sagte er noch, würden wir uns wiedersehen. Überhaupt. Hamburg. Das hatten wir hinterher eigentlich abgeschminkt. Da musste man wirklich nicht häufiger hin, als unbedingt notwendig. Ich schaute in den Spiegel, der neben meinem Kleiderschrank hing, und versenkte mich in meine Augen. War das alles real? Waren das Visitationen aus einer anderen Dimension? Was für einen Beweis hatte ich, um mich vergewissern zu können? Ich hatte ja wirklich nicht einmal einen Durchschlag dagelassen. Hatte sich vielleicht die Wirklichkeit aufgespalten, eine alte Zeitlinie und eine neue, parallel laufende Zeitlinie? Von sowas hatte ich schon mal gelesen. In so einem Science-Fiction-Roman. Oder? Ich bin schlichtgariger geworden. Steht's so? Irgendwann fühlte ich mich, als ob ich gerade an den Teufel prostituiert hatte und meine Seele einer Existenz in der sprichwörtlichen Hölle bevorstand. Sehr leicht, so leicht. Wäre mir nicht. Hölle. Ich kann das Wort aus drei Ecken. Aus dem Maul eines Schuldpfaffen, der uns immer ein schlechtes Gewissen einimpfen wollte. Aus dem des Chorleitern, der mir versicherte, dass meine Faxen Konsequenzen haben würden. Und aus dem meines Vaters, der meiner Mutter angedroht hat, in die Hölle zu kommen, wenn ich nicht mit ihm nach Neuseeland würde auswandern können. Und jetzt sollte ich die Hölle meinem Wohnsitz werden. Für die Äone? Ich schlief mich runter ins Wohnzimmer und schnappte mir die fette Kompaktausgabe der Britannica Enzyklopädie. Harvey Hölle. Mann, das war nicht wenig. Hier Hölle. Christentum. Hinweis auf Neue Testament. Markus 9, Vers 42-50. Ich griff die Bibel, die nicht weit stand. Und ich stieß auf eine Aussage von Jesus an seine Jünger.

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