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Das ist also mein Leben 220

Das ist also mein Leben 220

CarlCarl

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Dann, als wir uns wieder beruhigt hatten, erzählten wir uns alle Geschichten, die uns einfielen. Da war dieser Junge, Barry, der im Kunstunterricht immer Drachen baute. Nach der Schule klebte er Feuerwerkskörper an sie dran, ließ sie steigen und jagte sie in die Luft. Heute machte er eine Ausbildung im Fluglotsen. Patrick, Geschichte von Sam Dieser Junge namens Chip, der seinen kompletten Ersparnis für Kammerjäger-Zubehör ausgab, er ging von Tür zu Tür und bat die Leute, um ihn ihr umgebtsicher zu vernichten zu lassen. Kostlos, versteht sich. Ich, Geschichte von meine Schwester Ein Typ namens Carl Burns, den alle nur CB nannten, war auf einer Party mal so breit, daß er versucht hatte, den Hund des Gastgebers zu besteigen. Patrick. Und ein anderer mit dem Spitznamen Action Jack, weil man ihn auf einer Party, auf der alle total besoffen waren, erwischt hatte, wie er sich ihn runterholte. Und auf den großen Sportwürfen feuerten ihn immer alle an, klatschten dabei in die Hände. Action Jack. Klatsch, klatsch, klatsch. Action Jack. Ich, Geschichte von meinem Bruder Es gab noch mehr Geschichten und peinliche Spitznamen. Second Base Days, den er viert und schon Brüste hatte und die Jungs gerne mal fühlen ließ. Vincent, der auf A-Z versucht hatte, ein verurteilter Fluch unterzuspülen. Shayla, die er angeblich mit einem Hotdog masturbiert hatte und in den Notaufnahme gebracht werden musste. Und so weiter. Irgendwann konnte ich nur daran denken, wie es all den Leuten wohl auf ihren Jahrgangstreffen ging. Ich fragte mich, ob sie sich schämten und ob das nicht ein geringer Preis dafür war, eine lebende Legende zu sein. Nachdem Darren Caffey und Patrick Spillen wieder etwas nüchterner waren, fuhr er mich heim. Das Mixtape, das ich ihm aufgenommen hatte, war inzwischen bei den Winterliedern angekommen. Danke, Charlie. Klar doch. Nein, ich meinte das in der Schule. Klar doch. Schließlich hielten wir vor unserem Haus, wir umarmten uns und sagten Gute Nacht, aber als ich loslassen wollte, umdarmte er mich ein bisschen fester und er bewegte sein Gesicht auf meines zu. Und dann küßte er mich. Ein richtiger Kuss. Dann ließ er mich wieder los. Tut mir leid. Aber schon okay. Im Ernst. Tut mir leid. Nein, wirklich. Das war okay. Also sagte er Danke und umarmte mich noch einmal und beugte sich vor, um mich noch einmal zu küssen. Und ich lief ihn einfach. Keine Ahnung wieso. Wir blieben ziemlich lange im Auto. Außer küssen haben wir aber nichts gemacht. Und auch das nicht sonderlich lange. Nach einer Weile verloren Patrick's Augen diesen starren betäubten Blick vorm Bein oder dem Kaffee oder der durchgemachten Nacht. Und dann fing er an zu weinen. Und dann fing er an über Brett zu reden. Und ich lief ihn einfach. Denn dafür sind Freunde ja da. Alles Liebe, Charlie 17. Mai 1992 Lieber Freund, Seit diesem Abend mit Patrick bin ich morgens immer ganz erschlagen. Mein Kopf tut weh und ich bekomme keine Luft. Patrick und ich verbringen nämlich viel Zeit miteinander und wir trinken ziemlich viel, wobei es eigentlich vor allem Patrick ist, der trinkt. Ich nippe nur. Es ist nicht schlimm, einen Freund so leiden zu sehen. Besonders wenn man dagegen nichts tun kann. Außer da zu sein. Mhm. Außer da zu sein. Dabei will ich doch, dass es ihm wieder besser geht. Also begleite ich ihn einfach, wenn er mir etwas von seiner Welt zeigen will, wie er es sagt. Eines Abends nahm er mich mit in diesen Park, in dem sich Männer heimlich treffen. Er sagte, wenn ich nicht belästigt werden wollte, sollte ich einfach jeglichen Blickkontakt vermeiden. Per Blickkontakt vereinbart man eben, sich miteinander rumzumachen. Ganz anonym. Niemand sagt ein Wort. Man sucht sich einfach irgendwo einen Platz. Nach einer Weile fand Patrick jemanden, dem er gefiel. Er fragte mich, ob ich Zigaretten brauchte. Als ich Nein sagte, klopfte er mir auf die Schulter und ging mit dem Typen weg. Ich setzte mich auf eine Bank und sah mich um. Ich konnte Schatten von Leuten erkennen. Einige am Gras, einige bei einem Baum. Einige wanderten einfach nur herum. Es war alles ganz still. Irgendwann zünde ich mir eine Zigarette an und hörte auch immer jemanden neben mir flüstern. Hast du noch eine Zigarette? Ich drehte mich um und sah den Mann im Dunkeln. Klar. Ich gab ihm ein Feuer. Nein, ich gab ihm eine Zigarette. Hast du Feuer? Klar. Ich zündete eine Zweisatz an und statt sich einfach mit der Zigarette vorzubeugen, streckte der Mann die Hand aus, um die Flamme mit unseren beiden Händen zu schützen, wie man es macht, wenn es windig ist. Es war aber nicht windig. Ich glaube, er wollte einfach nur meine Hand berühren. Denn der Tag ist viel länger als nötig, während er die Zigarette anzündete. Vielleicht wollte er auch, dass ich um scheines Streichholz sein Gesicht sah. Keine Ahnung. Irgendwie kam er mir bekannt vor. Ich wusste aber nicht, woher. Er blies das Streichholz aus. Danke. Kein Problem. Wartet ihr etwas aus, wenn ich mich neben dir setze? Nein. Also setzte er sich zu mir und erzählte ein wenig. Und auf einmal dachte ich, seine Stimmung. Ich kenne diese Stimmung. Ich zündete mir noch eine Zigarette an, sah ihn mir noch einmal an und dachte angestrengt nach. Und dann kam ich drauf. Er war dieser Typ, der im Fernsehen die Sportnachricht moderierte. Unglaublich. Ein schöner Abend, nicht wahr? Fragte er. Ich bekam wohl irgendwie ein Licken hin. Denn er redete weiter. Über Sport. Er redete davon, dass der neue Schlagmann beim Baseball nichts taugte und wieso Basketball ein so kommerzieller Erfolg war und welche Teams im Kollege früher vielversprechend waren. Er erwähnte sogar meinen Bruder. Ganz ehrlich. Und dann sagte ich. Und wie ist das so, im Fernsehen zu sein? Das hätte ich wohl nicht sagen sollen. Das hätte ich wohl nicht sagen sollen. Denn er stand woanders auf und ging. Und das war wirklich schade. Denn ich wollte ihn noch fragen, ob er meinte, dass mein Bruder mal unter die Profis schafft. An einem anderen Abend nahm ich Patrick in einem Laden mit, in dem man Poppers kauft. Das sind diese Drogen, die man einatmet. Wir hatten gerade keine Poppers da. Aber der Typ in der Zirke sagte, er hätte etwas genauso gut sein. Also kaufte Patrick etwas davon. Es war in einer Art Spraydose. Ich bin dann beide einen kurzen Atemzug und schwöre, wir dachten, wir würden einen Herzinfarkt kriegen. Ich glaube, Patrick nahm mich einfach überall mit hin, wo ich sonst nie hingekommen wäre. Wie diese Karaokebar in Downtown. Oder dieser Tanzclub. Oder die Umkleide von diesem Fitnessstudio. Manchmal schleppte Patrick jemanden ab, manchmal nicht. Er sagte, man könne nie wirklich wissen, ob es sicher war. Die Abende, an denen er jemanden abschleppte, war ich hinterher immer traurig. Und das fand ich schlimm, denn am Anfang war Patrick immer ziemlich gut gelaunt. Er sagte dann, er fühle sich frei. Und heute Abend findet er seine Bestimmung. Solche Sachen. Aber am Ende des Abends wirkte er nur noch traurig. Manchmal redet er über Brad, manchmal nicht. Und nach einiger Zeit war die ganze Sache für ihn nicht mehr interessant genug. Und er hatte auch nichts mehr, womit er sich betäuben konnte. Heute Abend waren wir noch einmal in dem Park, in dem sich die Männer treffen. Patrick hat dort Brad mit einem anderen Typen gesehen. Brad war zu beschäftigt, um uns zu bemerken. Patrick hat nichts gesagt. Nichts gemacht. Und ist einfach nur zurück zum Auto. Auf dem Heimweg warf er die Weinflasche aus dem Fenster. Und sie zerbrach mit einem lauten Knall. Und als er mich absetzte, gab er mir keinen Kuss, wie er es sonst immer gemacht hatte. Er bedankte sich einfach nur bei mir, dass er ein Freund war. Und dann fuhr er davon. Alles Liebe, Charlie. 21. Mai 1992 Lieber Freund, das Schuljahr ist fast vorbei. Nur ein guter Monat noch für mich und nur noch wenige Wochen für die Leute im letzten Jahr, wie Sam und Patrick. Dann sind Prom-Night und die Abschlussfeier und alle sind jetzt schon mit den Vorbereitungen beschäftigt. Mary Elizabeth geht mit ihrem neuen Freund Peter zur Prom-Night. Meine Schwester geht mit Eric und Patrick und Alice. Und Craig hat Sam versprochen, diesmal mitzukommen. Sie haben sogar eine Limousine und alles gemietet. Meine Schwester fährt allerdings in Erics Wagen mit. Einen Brick. Bill war in letzter Zeit ziemlich wehmütig, weil sein erstes Jahr als Lehrer zu Ende ging. Zumindest hat er mir das gesagt. Er hatte ja vorgehabt, nach New York zu ziehen und Stücke zu schreiben. Aber jetzt sagt er, er sei sich nicht mehr sicher, ob er das auch will. Er unterrichtet wirklich gern Englisch und denkt, dass er nächstes Jahr vielleicht auch den Schauspielkurs übernehmen kann. Ich vermute, dass er viel darüber nachgesagt hatte, denn nach »Der Fremde« hätte er mir länger nichts mehr zu lesen gegeben. Er wollte aber, dass ich mir einige Filme ansehe und einen Aufsatz darüber schreibe, wie ich sie finde. Es waren »Die Reifeprüfung«, »Harrows and Loathe«, »Mein Leben als Hund« mit Untertiteln, »Der Club der Toten Dichter« und »Verdacht auf Liebe«, ein Film, der ziemlich erzürglich ist. Ich habe mir sie alle an einem einzigen Tag angesehen. Das war ziemlich cool. Der Aufsatz, den ich darüber schrieb, ähnelte allerdings ziemlich meinen letzten Aufsätzen. Als er mir dieses Buch gegeben hatte, hatte er sich gerade von seiner Freundin getrennt und sich philosophisch gefühlt, wie er es ausdrückte. Als wir vor Kurzem über »Unterwegs« sprachen, entschuldigte er sich dafür, dass er sein Privatleben seinen Job hätte beeinträchtigen lassen. Ich nahm die Entschuldigung an, weil ich nicht wusste, was ich sonst hätte tun sollen. Es ist schon komisch, seine Lehre als Menschen zu sehen. Offenbar hatte er sich jetzt inzwischen mit seiner Freundin wieder versöhnt. Die wohnen jetzt mit mir zusammen. Zumindest hat er mir das erzählt. In der Schule hat mir Bill schließlich sein letzter Buch für den Schuljahr gegeben. Es heißt »Der ewige Quell« und ist ziemlich dick. Er gab es mir und sagte, sei vorsichtig beim Lesen. Es ist ein tolles Buch. Aber versuche, ein Sieb zu sein und kein Schwamm. Meistens vergisst Bill offenbar, dass ich erst 16 bin. Ich bin aber ganz froh darüber. Ich habe das Buch noch nicht angefangen. In meinen anderen Kursen ginge ich ziemlich hinterher, weil ich so viel Zeit mit Patrick verbracht habe. Wenn ich mich einfach noch aufholen kann, werde ich mein erstes Jahr auf der Highschool mit glatten Einbahnabschlüssen, was mich sehr freut. In Mathe hätte es beinahe nicht geklappt, aber dann sagte Mr. Carlo, Ich sollte aufhören, die ganze Zeit nach dem »Warum« zu fragen und mich einfach an die Formeln halten. Das habe ich jetzt auch und jetzt kriege ich in den Tests immer nur die volle Punktzahl. Ich wünschte nur, ich wüsste, was die Formeln eigentlich wirklich bedeuten. Ich musste gerade daran denken, dass ich dir das erste Mal geschrieben habe, weil ich Angst vor der Highschool hatte. Jetzt geht es mir ganz gut dabei und irgendwie ist das schon komisch. Patrick hat übrigens nach der Nacht, in der wir Brad im Park gesehen haben, bei dem Trinken aufgehört und ich glaube, dass es ihm besser geht. Er will einfach nur noch seinen Abschluss machen und dann aufs College. Brad habe ich am Montag in der Nacht im Park beim Nachsitzen getroffen. Er sah aus wie immer. Alles Liebe, Charlie. Ich liebe dich.

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