The transcription is about a discussion on professionalism in the acting profession. It explores the skills and abilities required for actors, as well as the presentation of those skills in public settings. The conversation also touches on the challenges and misconceptions faced by actors, including issues of respect, qualifications, and competition. The importance of creating one's own space and asserting oneself as an actor is also discussed. Overall, the discussion highlights the complexities and nuances of being a professional actor.
Es erzählt vom echten Alkoholiker, der mit der Darstellung seines Wesens auf der Bühne wesentlich größere Glaubwürdigkeitsprobleme hatte, als der Profi der Betrunkenheit einfach gut spielte. Ja hallo, hier spricht Martin. Ich habe jetzt einen neuen Text einer neuen Liga, nämlich der 12. Liga, damals noch als das Evolution Lounge genannt. Wir befinden uns am 30. März 2011 in Köln. Mittlerweile ist ein halbes Jahr vergangen, solange ruhte damals die Actors Evolution Lounge. Wir waren mit einem recht großen Team dann wieder zu Gange.
Worüber wir da gesprochen haben, das hört ihr jetzt. Da das Thema Professionalität im Schauspielerberuf ein sehr weites Feld ist, habe ich versucht es auseinander zu dividieren. Im ersten Teil unterhalten wir uns grob gesagt über das, was der Schauspielende tatsächlich kann oder können müsste. Im zweiten Teil geht es um die Darstellung des Gekonnten im öffentlichen Raum, um die Präsentationen des Könnens, sowohl auf der Bühne als auch vor der Kamera oder am Mikrofon, aber auch im persönlichen Kontakt mit KollegInnen, RegisseurInnen, Casting-DirektorInnen, DramaturkInnen, RedakteurInnen, ProduzentInnen, IntendantInnen, AgentInnen und auch mit den Menschen, die im gesamten beruflichen Umfeld weiten und wirken.
Wir sind an diesem Abend eine sehr breit gefächerte Runde aus Schauspielenden, die aus ganz unterschiedlichen Bereichen kommen, zum Beispiel Schwerpunkt Theater, Schwerpunkte Film und Fernsehen. Es gibt aber auch zwei KollegInnen, die vorwiegend als SprecherInnen arbeiten und einen, der in der Schauspielerausbildung tätig ist. Alle haben aber auch mehr oder weniger Erfahrung mit jedes anderen. Das macht die Diskussion lebendig. Das Spannende an der SEGA, also an der Ecke des Evolution Lounge, auch und gerade nach einem halben Jahr Pause ist, dass sich KollegInnen treffen und austauschen, die gerade nicht zusammenarbeiten, und sich über das Wie und Warum ihres Berufes frei austauschen.
Jenseits von alltäglichem Klatsch und Tratsch, der natürlich auch seine Berechtigung hat. Oder auch jenseits von Insider-Sitzen. Sich derart reflektierend über seinen Beruf Gedanken zu machen, trägt ja auch schon zur Professionalisierung des Arbeitsbereiches bei, da es von einer Beliebigkeit in eine Konkretheit geht, da Rahmenbedingungen und elementare Voraussetzungen diskutiert werden können. An unserem Abend werden immer wieder die Weitläufigkeit und Ausuferungen des Berufsfeldes thematisiert. Die Diskussion vom 30.03.2011 kann helfen, sich in einem starken Veränderungen unterworfenen Berufsfeld zurechtzufinden. Teil 1 C fragt, ob zum Beispiel junge Casting-DirektorInnen heute noch wissen, was die einzelnen Punkte im Lebenslauf eines Schauspielenden bedeuten.
Ob sie anhand der Vita überhaupt einzuschätzen imstande sind, wie professionell bzw. gut ein Lebenslauf überhaupt ist. F wirft ein, dass der Satz, das ist nicht professionell, ständig hält und im Grunde ein Unsatz sei, der als Totschlag-Argument dient. Manchmal würde er auch benutzt, um sich in der Hierarchie am Arbeitsplatz nach unten hin abzugrenzen. Oder es würde als Ausrede benutzt, einen ungeliebten Vorschlag nicht ausprobieren zu müssen. Wären wir Ärzte oder Rechtsanwälte, dürften wir dann auch praktizieren, wenn wir keine nachweisbare Ausbildung haben? Unter Schauspielenden scheint das zumindest möglich.
Echten Profis bereit das Kopf zerbrechen. Manchmal steht man z.B. mit einem, wie es in meiner Ausbildung genannt wurde, begabten Laien als Partner beim Casting. Und das löst beim Schauspielenden innere Widerstände auch gegenüber den Verantwortlichen dieser Situation aus. Was bis zu dem Wunsch ausufern kann, sich zukünftig einer solchen Situation zu verweigern, mit allen Konsequenzen. Es wäre auch eine Frage des Respektes gegenüber dem Schauspielenden. Respekt ist somit auch ein wichtiger Aspekt der Professionalität. Das gelte auch für alle Formate der sogenannten Scripted Reality.
Später werden auch andere heilige Kriterien besprochen. Es ist davon überzeugt, dass es nicht unbedingt einer schauspielerischen Ausbildung bedarf, um Schauspieler zu werden. C hat keine Berührungsängste mit Unausgebildeten, hält es aber für äußerst sinnvoll, sich in einer Schule drei Jahre intensiv mit dem Beruf auseinanderzusetzen. Der Laie werde doch sehr nah, also sehr nah dran an sich selbst besetzt. Übst du deine Tätigkeit allerdings als Beruf aus, so sei das wesentlich breiter angelegt, sagt sie. Man müsse alles mögliche können und vor allem auch in unmöglichen Zusammenhängen gut sein können.
Dafür müssen die seelischen Voraussetzungen am besten in einer Ausbildung geschaffen worden sein. Man müsse das alles anbieten können, sich möglichst breit aufstellen, damit man am Ende auch davon leben kann. Im Arbeitszusammenhängen erlebt es der Profi, dass er plötzlich auf eine Stufe mit den Laien gestellt oder behandelt wird, sagt jemand. Es erzählt vom echten Alkoholiker, der mit der Darstellung seines Wesens auf der Bühne wesentlich größere Glaubwürdigkeitsprobleme hatte, als der Profi, der Betrunkenheit einfach gut spielte. Wir befinden uns im Jahre 2011.
In der Kunst möge vor allem das Handwerk beurteilt werden, gibt er vor. R gibt zu bedenken, dass der Schauspielende nicht nur Produkt eines Regisseurs, einer Regisseurin oder mechanischer Reproduzent ist, sondern vor allem auch Künstler sei. SL bringt hier die Individualität des Künstlers als Unterscheidungsmerkmal ein. In der Diskussion um das Handwerkliche in der Kunst und die Schwierigkeit der Bewertung, was hier die Oberhand haben sollte, um Professionalität zu gewährleisten, nehmen die Künstler der sogenannten Art Brühe, Kunst von sogenannten Geisteskranken, sicherlich einen Sonderstatus ein.
Deren Authentizität könnte also als weiterer Bewertungsmaßstab gelten. Im Berufsalltag des Schauspielenden hat diese handwerkliche Diskussion insofern Einfluss, als dass es den Zuschauenden aus Produzentensicht egal zu sein scheint, wer unter welchen Umständen auch immer die Leistung erbringt, wenn das Ergebnis, die Quote, stimmt. Auch sei es ja vielen Autofahrenden egal, wer das Auto repariert, die Vertragswerkstatt oder der Frickler an der Ecke, wenn es nur wieder fährt, weiß T zu bemerken. Ers Kommentar, lass mal ein Laien den Faust spielen, lässt die Runde kurz zustimmend innehalten.
CH erweitert den Schauspielerbegriff, der den Schauspieler als Lebenskünstler sieht. Das ist etwas, was nicht jeder Laie mitbrächte, der einem zudem noch das Geld wegnehme. M erwähnt nicht nur das Geld. Besonders ärgerlich aus Schauspielersicht ist auch die Tatsache, dass Niedriglohn trotz des Umstandes, das die Verantwortlichen die Qualifikationen des Schauspielenden kennen, nicht nur angeboten, sondern auch durchgedrückt werden kann, da die Konkurrenz unter den Dienstleistern Schauspiel einfach zu groß ist und Solidarität unter KollegInnen fehlt. Es meint, dass in der Gesellschaft ein völlig falsches Bild vom Schauspielerberuf existiere und dass zudem das Problem der übergroßen Konkurrenz, durch die jeder-kann-ein-Star-sein-Mentalität verstärkt werde.
Die Frage, wie sich der Schauspielende vom Laien auch im alltäglichen Arbeitsprozess abgrenzen kann, um sich seinen eigenen Raum zu behaupten, wird im Folgenden diskutiert. Während es FL nützlich findet, in der knappen Zeit am Set nicht auch noch privat das Soziale oder die Hierarchie ausloten zu müssen, etwa indem man sich grundsätzlich duzt, findet es CO traurig, dass es so schwer sei, sich seinen eigenen Raum am Set zu schaffen, ohne gleich zum Arschloch zu mutieren, als Diva verschrien zu werden, obwohl man doch einfach nur einen Job machen will.
Im immer schneller werdenden Produktionsprozess passiert es allerdings immer häufiger, dass unerwünschte Grenzüberschreitungen stattfinden und ungeschriebene Regeln und Gesetze missachtet werden, auch von KollegInnen, die es aufgrund ihres Hintergrundes eigentlich besser wissen müssten. Da wird zum Beispiel auf der Bühne gegessen oder aber der Schauspieler noch kurz vor seinem Auftritt angequatscht, was allerdings auch ein fieser Sport unter Kollegen sein kann, wie er bemerkt. Auch die Bühne sei nicht mehr der Tempel, der er eigentlich sein müsste. Jeff Bridges sei übrigens ein positives Beispiel für den »eigenen Raum behaupten, ohne Arschloch-Faktor«, sagt er.
Also muss es der Schauspielende aushalten, wenn die Voraussetzungen für optimales Arbeiten mal mehr, mal weniger, mal sehr gut, mal gar nicht gegeben sind. Also gerade diese Extreme, dass man nie weiß, was einen erwartet, machen die besonderen Schwierigkeiten aus. FL meint, dass es lohnenswert sein kann, für sich selber zu definieren, was denn nun die eigenen Kriterien seien, um gut zu arbeiten. Was brauche ich, da das ja auch von Fall zu Fall unterschiedlich sein kann. Wenn wir Statistenrollen spielen, werden wir auch wie Statisten behandelt, egal ob wir welche sind oder nicht, beklagt sich F.
FL wirft ein, dass das an dem Punkt anfängt, an dem wir eine solch niedere Rolle, wie er sich ausdrückt, annehmen. Trotzdem ist es sicherlich auch gut, zum richtigen Zeitpunkt auch selbstbewusst zu vertreten, ich bin Schauspieler, ich habe das gelernt, sagt F. CU fragt sich, ob es überhaupt nötig sei, am Set Stände zu schaffen. Christoph, ich nenne ihn jetzt hier mal Christoph, weil die Abkürzung CHR etwas schwierig auszusprechen ist, wir sind ja nicht in der Schweiz. Also Christoph sieht die Professionalität des Schauspielenden auch durch die Abgrenzung, durch selbstverwendete Sprache.
Ich bin Schauspieler, ihr nicht. Dazu bräuchte der Schauspielende ein selbstverpflichtendes Regelwerk. Dabei stünde dem Faktum der Weisungsgebundenheit eine explizite Individualität gegenüber, die hohen moralischen und ethischen Maßstäben zu genügen habe. Erschwerend wirke allerdings, dass ein Arbeitsethos oft von denjenigen behauptet würde, die selber keinen hätten, meint er. F begreift die Individualität des Schauspielenden als Zugabe zu dem Handwerk, welches gelernt werden könne, wohingegen Co. davon überzeugt ist, dass das eine das andere verebele. Fest steht, so meine ich, dass das eine nicht ohne das andere existieren kann und man die Frage, welches Gewicht in der Waagschale schwerer wiegen darf, nicht abschließend wird klären können.
Er beklagt, dass seine Privatschüler oft nicht bereit sind, anzunehmen, dass sie ein Handwerk erlernen müssen, sondern eine den Lehrer gegenüber Konsumentenhaltung kultivieren, die den Dozierenden in eine Bringschuld bringt. Er bemerkt hier, dass es ihr trotz allen Handwerks- und 30 Jahren Berufserfahrung nicht gelänge, am Anfang einer neuen Produktion davon überzeugt zu sein, dass sie wüsste, wie es geht oder dass sie es könne. Der durch Christoph zuvor schon gescholtene Kapitalismus, der störend in künstlerische Prozesse eingreift bzw. sie da verhindert kann nach Auffassung von R nur durch hochauthentische Menschen angekratzt und verändert werden, wie z.B.
geistig Behinderte. Wir schreiben das Jahr 2011 und ich kann hier auch an dieser Stelle mal sagen, dass ich überhaupt nicht weiß, ob sich sogenannte geistig Behinderte immer authentisch verhalten. Das ist, wie ich finde, eine sehr wichtige Erkenntnis, denn sie bringt das Thema Authentizität als weiteren Maßstab für Professionalität ins Spiel und gibt einen Hinweis auf eine mögliche Gestaltbarkeit der Zukunft unseres Berufsstandes. Ja, soweit die Ausführungen zur 12. Sega 2011 bzw. damals Actors Evolution Lounge. Die hat ja im Restaurant Immer Essen in Köln stattgefunden vom Jahr 2009 bis 2011 und das war jetzt der erste Teil, den ihr gehört habt.
Ich freue mich, wenn ihr immer weiter mit mir sprecht. Martin, Tschüss!